RE: Göttlicher Sklave - 10

-Seth-

"Meine Diener haben ein paar Süßigkeiten zubereitet." Ich nahm ein hellbraunes Kügelchen, welches in Sesamkörnern umhüllt war. "Das sind Nüsse, die zu einer Paste verarbeitet worden sind. Gemischt mit Honig und Datteln. Wirklich lecker."
Ich zog Amun auf meinen Schoß und fütterte ihn damit. Danach aßen wir noch zahlreiche andere Speisen. Ich hatte den Eindruck, dass Amun bisher in seinem Leben nicht viel Auswahl mit seinem Essen gehabt hatte. Ihm schien alles zu gefallen und seine Freude daran machte mich glücklich.

-Seth-

"Warum nicht?", entgegnete ich lächelnd. Ich hatte ja bereits mit ihm gesprochen, wie ich seine Lage sah und was ich mir von ihm erhoffte. Ich stubste ihn sanft mit der Nase an. Ich verstand, wie ungewohnt das für ihn sein musste. "Lass dich doch einfach drauf ein", schlug ich ihm vor. Ich wollte ihm beweisen, dass er vor mir wirklich nichts zu befürchten hatte, solange er mir treu diente.

-Anubis-

Immer wieder versuchte ich Kontakt zu der verlorenen Seele aufzunehmen. Irgendwann gelang es mir, Zugang zu ihr zu finden. //Essam...// Die Verbindung war wirklich schwach. Ich musste all meine Konzentration dafür verwenden, damit sie nicht abbrach. //Essam, verrate mir, wo du steckst, damit ich dir helfen kann. Du bist im Palast von Seth, oder? Wo genau ist das? Bitte, ich will dir helfen...//

-Seth-

Amuns Frage überraschte mich ein wenig. Warum interessierten ihn frühere Sklaven? Aber ich war bereit, ihm zu antworten. "Nun, das war ganz unterschiedlich. Manche dienten mir treu bis zu ihrem Tod. Und wenn sie es wollten, habe ich ihre Seelen zurückgeholt und sie zu meinen Dienern gemacht. Manche haben sich mir permanent verweigert, obwohl ich ihnen geholfen hatte. Da alle Sklaven einen göttlichen Pakt mit mir geschlossen haben und sie mir ihren Dienst verwehrt haben, habe ich sie getötet. Das ist bei allen Göttern so. Einen Pakt mit einem Gott bricht man nicht. Tja, und manche haben meine Verbote nicht beachtet. Wenn ich mich zur Jagd verwandle, verbiete ich meinen Sklaven, hinauszugehen. Denn ich befinde mich dann in einem Blutrausch und töte alles, was sich bewegt. Du hast es selbst schon erlebt. Meine Diener haben zum Glück verhindert, dass ich dir zu nahe kommen konnte."
Ich seufzte. "Aber ich habe nie einen Sklaven einfach nur so aus Spaß getötet, Amun. Das kannst du mir glauben."

-Anubis-

Essam erklärte mir, wo sich genau Seths Versteck befand. Ein Palast mitten in der Wüste. Sicherlich geschützt durch magische Barrieren. Aber Essam hatte mir den Weg dorthin beschrieben und wenn ich seiner Seele nahe genug war, würde ich ihn auch besser wahrnehmen können. Also machte ich mich sofort auf den Weg. Ich verwandelte mich in einen großen Schakal mit seidig glänzendem, schwarzem Fell. Auch Seth hatte die Gestalt eines Schakals gehabt. Früher. Jetzt war er eher eine Monstrosität, eine Missgestalt. Ich stieg aus meinem Totenreich auf und machte mich auf den Weg in die Wüste...

-Seth-

Amun wirkte irgendwie niedergeschlagen. Aber warum? Ich würde ihn nicht töten, wenn er sich an gewisse Regeln hielt. Ich würde ihn nicht quälen. Hatte er mich vielleicht falsch verstanden?
Ich wollte gerade nachhaken, als ich jemanden spürte, der mir alle Gesichtszüge entgleisen ließ. Alarmiert und gleichermaßen besorgt sah ich Amun an. Dann sprang ich auf und schubste meinen Sklaven in die Arme eines Dieners. "Beschütze ihn bis zum Tod!", befahl ich und meinte das todernst. Die Person, die hier gleich ankommen würde, war der Gott des Todes. Er hatte die Macht, all die ihm geraubten Seelen wieder an sich zu reißen. "Anubis", zischte ich. "Männer, macht euch kampfbereit!", schrie ich aufgebracht und verwandelte mich in meine Schakalgestalt. Dann rannte ich aus dem Speisesaal und lief zu meinen Schakalen, um sie aufzuscheuchen und gegen den Feind aufzuhetzen. Dabei fragte ich mich die ganze Zeit, wie Anubis mich gefunden hatte. Er war bestimmt wegen der geraubten Seelen hier. Ich musste verhindern, dass er mir meine Diener nahm und ich musste verhindern, dass er sich auch noch Amun nahm.

-Seth-

Ein wütendes, animalisches Knurren verließ meine Kehle, als ich Anubis schließlich gegenübertrat. Woher hatte er nur erfahren, wo sich mein Palast befand? Es konnte eigentlich nur eine Erklärung dafür geben. Doch diese schmerzte mich zu sehr.
"ANUBIS!! Du wagst es, in mein Reich einzdringen?! Du hast hier nichts verloren!!", grollte ich ihm wütend entgegen. Dieser bleckte die Zähne. "Ich habe sehr wohl etwas verloren, du räudiger Seelendieb!!", fauchte er.
Da tauchte plötzlich Essam mit Anubis auf. "Was hast du hier verloren?!", fuhr ich ihn an, aus Sorge um ihn, aber auch aus Sorge um Amun. Ich war aufgebracht. Wenn es gleich zum Kampf kam, würde ich keine Rücksicht mehr auf ihn nehmen können.

-Anubis-

Ich lächelte triumphierend, als ich Essam sah. Den Menschen, den er bei sich hatte, war mir herzlich egal. Mein Interesse galt den Toten, nicht den Lebenden. "Ja... hier bin ich. Ich danke dir, Essam. Endlich kann ich mir holen, was mir gehört!"
Ich nutzte Seth' Unaufmerksamkeit aus und sprang ihn an. Meine Zähne gruben sich in sein Fleisch und er jaulte auf. Wir kämpften miteinander und zunächst hatte ich die Oberhand. Doch dann kamen die Schakale und bedrängten mich. Ich zog mich zurück. Doch dann kam mir eine Idee. Ich sprintete auf Essam und den Menschen zu und packte die beiden. Es war sicherlich einfacher, Seth zu schaden, wenn ich ein paar Geiseln bei mir hatte.

-Seth-

Meine Diener und Schakale eilten mir zu Hilfe. Doch als sie sahen, dass Amun in Anubis Gewalt war, hielten sie inne. Und Anubis grinste triumphierend. Seine Augen begannen aufzuleuchten und er blickte einen Diener an. Plötzlich keuchte dieser auf und ich sah, wie die Seele aus seinem Körper entrissen wurde.
"NEIN!!", brüllte ich. Doch Anubis fauchte nur. "Du hast keinen Grund, wütend zu sein! Der wahre Dieb bist du!!"
Doch meine Wut wurde grenzenlos. Ich rief den Wüstensand um Hilfe und verschmolz mit ihm. Ich wurde zu einer tobenden Naturgewalt und stürzte auf Anubis zu. Anubis war so überrascht von diesem Angriff, dass er Amun und Essam fallen ließ.

-Seth-

Ich war voller Wut und achtete kaum noch auf meine Umgebung. Alles, was ich wollte, war Anubis zu vernichten. Oder ihn zumindest zu vertreiben. Aber meine Gedanken galten auch Essam. Über meine Gedanken sprach ich zu ihm. "ESSAM!! Wie kannst du es wagen, mich so zu hintergehen?! Ich habe dich geliebt wie mein eigenes Kind! Ich habe dir ein zweites Leben geschenkt! Und nun lässt du Anubis hier in mein Reich. Er wird deine Brüder und Schwestern töten. Und er wird auch dich töten! Amun ist ihm doch völlig egal! ... Aber warte nur ab, bis ich mit Anubis fertig bin. Wenn er dich nicht getötet hat, werde ich es tun!"
Voller Wut brüllte ich auf und rammte meine Krallen in Anubis Seite. Dieser Schlag hatte gesessen. Und nun griffen auch meine Schakale den Gott an. Ich gab ihm nicht die Gelegenheit, sich zu erholen. Ich musste ihn so schnell wie möglich los werden.